Disruption in Kunst und Kultur

Die Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung haben nicht nur wirtschaftlich und sozial, sondern auch für Kunst und Kultur disruptive Auswirkungen. Auch wenn die Bedeutung kultureller Traditionen bleibt, sind diese Veränderungen das Potential für eine Avantgarde, die sich diesen Brüchen stellen muss.
m Bereich Musik und Musikbetrieb beherrschen Streamingdienste wie Spotify den Markt, über Abonnements wird abgerechnet und die Quote entscheidet über den Erfolg der Musik und der Musiker, dies in Kombination mit YouTube.

Im Bereich Film geschieht das gleiche, die Serien auf Amazon und Netflix bestimmen das digitale Filmangebot. Nicht nur das öffentliche Fernsehen achtet inzwischen darauf, über Mediatheken zugänglich im Netz zu sein.

Der Journalismus muss die gedruckte Zeitung als Relikt betrachten. Die großen Zeitungen wie Spiegel und SZ, aber auch die Bildzeitung kommen online heraus, erweitern ihr multimediales Angebot um Videos, Links, Podcasts und Fotostories und gehen bei größeren Events zu Live Übertragungen über. (Spiegel online)

Allein die deutschen Buch-Verlage versuchen sich konservativ dieser Entwicklung entgegen zu stemmen, indem sie zwar parallel zum gedruckten eBook Versionen erstellen lassen, diese aber so, dass sie nichts anderes sind als elektronische Spiegelungen. Da kann dann zu Recht argumentiert werden, ein haptisch vorhandenes Buch liege besser in der Hand. Nur wenigen
Selfpublishern in Netz gelingt es, eBooks Gewinn bringend zu publizieren, da die Verlage weiterhin den Buchmarkt, die Vergabe von Literaturpreisen und die Werbung auch durch die Literaturkritik monopolisieren.

Dabei stellt Apple und neuerdings auch Amazon Kindl Text-Programme zur Verfügung, die ein digitales Buch erreichbar und produzierbar machen, das mit Videos, Bildern und Musik Texte crossmedial präsentieren kann. Itunes connect fungiert da genauso wie Amazon Author Central als Plattform, über deren Webseite Werbung und Vertrieb stattfindet.

Disruption durch die Digitalisierung führt aber nicht nur zu anderen kulturellen Strukturen und Organisationsformen, sie bedeutet ebenso grundsätzliche Veränderungen der ästhetischen Formen, Umformulierung des Tradierten.

Digitale Musik, die nicht nur im freien improvisatorischen Umgang mit Instrumenten, sondern auch mit einem Mix durch elektronische Apparaturen gestaltet wird, prozessiert die Klänge jenseits von überlieferten Formtraditionen. Dabei spielen neben der Präsentation im Netz vor allem Clubevents eine große Rolle.

Filmserien verhalten sich erzählerisch ganz anders als der Art House Film, allein weil eine andere Spielzeit zur Verfügung steht. Während das Theater formgebend war für den bisherigen Filmen, kann die Serie neue Strukturen filmisch entwickeln.

Disruption gilt auch für die Dichtung. Texte in crossmedia eBooks strukturieren sich im medialen Zusammenhang vektoriell, verdichtete Sprache wird den Bildern, Videos und Klängen hinzugefügt, die anderen Medien ergänzend und durch diese ergänzt. Die Entwicklung der VR wird das noch wesentlich künstlerisch erweitern können.

Noch ist Deutschland, das nicht einmal über eine flächendeckende Glasfaserkabel Versorgung verfügt, auch im Bereich der digitalen Kunst und Kultur rückständig.
Doch gerade deswegen ist das kulturpolitische Engagement der Grünen für eine kulturelle Erneuerung und eine Kunstavantgarde notwendig.